Corona, die Ölförderländer und die deutschen Exporte
Helaba: Die Auswirkungen der Pandemie sind in den entlegensten Erdteilen spürbar. So sind bedrohte Tiere betroffen: Die Safariurlauber bleiben aus, die Wildhüter können nicht bezahlt werden und Wilderer haben freie Bahn. Eine andere Wirkungskette ist der Einbruch der Ölpreise durch den „Lockdown“ in den Industrieländern.
Die massiven Einnahmeausfälle der ölproduzierenden Staaten haben Konsequenzen für die Bevölkerung, die Machthaber sowie – hier schließt sich der Kreis – auch für Exportländer wie Deutschland.
Notierte der Ölpreis der Sorte Brent zu Jahresbeginn noch bei rund 70 US-Dollar pro Fass, so stürzte der Preis im April unter die 20-Dollar-Marke. Zuletzt erholten sich die Notierungen zwar auf über 30 US-Dollar. In vielen Förderländern reicht dieses Niveau aber noch nicht, um die Förderkosten zu decken.
Der Anteil der Ölförderung liegt in einigen Ländern bei über einem Drittel des Bruttoinlandproduktes. Der Anteil der Gas- und Ölexporte von Staaten wie Algerien und Nigeria liegt sogar über 90 % des BIP. Viele krisengeschüttelten Staaten wie der Iran, Libyen und Venezuela sowie deren Machthaber sind existenziell abhängig von den Öleinnahmen.
Auffällig ist, dass das politische System der meisten Ölförderstaaten nicht sehr stabil ist, ablesbar u.a. an einem niedrigen Demokratieindex. Je länger der Ölpreis schwächelt, desto wahrscheinlicher sind hier Unruhen. Gefeit ist lediglich Norwegen, das sogar den höchsten Indexwert aller Demokratien hat.
Verschuldung steigt rapide
Viele Ölförderstaaten stehen nun vor einer deutlichen Ausweitung ihrer Staatsverschuldung. Die reichen Golfstaaten haben zwar noch eine relativ niedrige Staatsschuldenquote. Die Haushaltsdefizite der letzten Jahre fielen aber teilweise bereits zweistellig aus.
Kein Wunder, braucht doch beispielsweise Saudi-Arabien einen Ölpreis von über 70 US-Dollar pro Barrel, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Jetzt werden dort Ausgaben und Investitionen gekürzt sowie die Mehrwertsteuer von 5 % auf 15 % angehoben.
Der in den letzten Jahren eingeschlagene Finanzierungsweg über die Anleihemärkte dürfte intensiviert werden. In ärmeren Ölförderländern wie dem Irak sind Defizite von über 20 % des BIP zu erwarten.
Kombiniert man die Abhängigkeit von der Ölförderung am BIP und den Anteil der Ausfuhren dieser Länder am deutschen Export, stehen drei Staaten besonders im Fokus: Russland, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Deutschland exportierte 2019 Waren in Höhe von 41 Mrd. Euro in diese Länder, vergleichbar etwa mit den deutschen Ausfuhren nach Spanien.
Alle drei Abnehmerländer weisen glücklicherweise zwar hohe finanzielle Reserven in dreistelliger Milliardenhöhe aus, so dass sie die Durststrecke bei den Ölpreisen noch mit am besten verkraften können. Allerdings wird überall der Gürtel enger geschnallt und je länger der Ölpreisverfall anhält, desto mehr könnten diese Länder in der Rangfolge der deutschen Handelspartner abrutschen.
Themen im Artikel