Passen BU-Absicherungen zur Betriebsrente?
Passt die Absicherung gegen Berufsunfähigkeit in die betriebliche Altersversorgung?
Bei dieser Frage gehen die Meinungen unter den bAV-Experten weit auseinander.
Eine Abwägung des Für und Wider.
Laut Definition liegt eine betriebliche Altersversorgung (bAV) vor, wenn der Arbeitgeber für einen Arbeitnehmer ein biometrisches Risiko absichert.
Erwerbs- beziehungsweise Berufsunfähigkeit fällt also ohne Frage nach dieser Bestimmung in den Rahmen der bAV.
Aber unter den Experten sind auch Stimmen wahrzunehmen, dass BU-Absicherungen in der betrieblichen Altersversorgung nichts zu suchen hätten, sondern ausschließlich in die private Vorsorge gehören.
Eindeutig lässt sich dieser Expertendisput nicht auflösen.
Es bleibt nur eine Abwägung der Vor- und Nachteile.
Bei einer Absicherung mit einem bAV-Vertrag zahlen die Mitarbeiter ihre Beiträge aus dem Brutto, weil keine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge anfallen.
Dadurch kann mit dem gleichen Aufwand eine höhere BU-Rente vereinbart werden.
Bei einem Vertrag über den Arbeitgeber darf die Rente maximal 75 Prozent des Jahresbruttogehalts ausmachen.
In der privaten Absicherung sind gewöhnlich 60 Prozent zulässig.
Wenig oder gar keine Gesundheitsfragen
Daher beteiligt sich der Arbeitgeber selbst bei einer rein arbeitnehmerfinanzierten BU an der Absicherung anteilig.
Da in der betrieblichen Altersversorgung gewöhnlich Rahmenverträge gelten, greifen für die versicherten Mitarbeiter Sonderkonditionen.
Zudem stellen die Risikoträger nur wenige oder gar keine Gesundheitsfragen.
Damit erhalten auch gesundheitlich vorbelastete Arbeitnehmer die BU-Absicherung, von der sie unter Umständen bei einer privaten Anfrage ausgeschlossen wären.
Das ist ein Vorteil, der auch aus der betrieblichen Krankenversicherung bereits bekannt ist.
Arbeitgeber wiederum verstärken die Bindung der Mitarbeiter mit dieser Vertragskomponente, weil ihr bAV-Angebot über die klassische Betriebsrente hinausreicht.
Seit einigen Jahren herrscht ohnehin der Trend vor, einen ganzen Korb von Benefits im Wettbewerb um die knapper werdenden Arbeitskräfte einzusetzen.
Problem: Beitragsfreistellung in entgeltfreien Zeiten
Diesen Vorteilen stehen aber auch einige Nachteile gegenüber, die sich nicht leichtfertig vom Tisch wischen lassen.
Da sind zum einen die entgeltfreien Zeiten im Arbeitsleben, wie zum Beispiel die Elternzeit. Während dieser Phase erfolgt eine Beitragsfreistellung.
Diese hat zur Folge, dass auch für die Absicherung gegen Berufsunfähigkeit nicht gezahlt wird. Diese sollten die Mitarbeiter dann aus anderen Mitteln beisteuern.
Kommt es im Falle einer Berufsunfähigkeit zur Rentenzahlung, dann ist diese Leistung sowohl steuer- als auch sozialversicherungspflichtig.
Schließlich stammt die Rente aus der betrieblichen Altersversorgung.
Bei einer BU-Rente aus einem privaten Vertrag würde dagegen nur die niedrigere Ertragsanteilsbesteuerung greifen.
Was passiert bei einem Arbeitgeberwechsel?
Übernimmt der neue Arbeitgeber die bestehende betriebliche Altersversorgung, läuft auch die BU-Absicherung ungestört weiter.
Setzt er dagegen auf einen anderen Anbieter oder lässt eine BU-Absicherung gar nicht zu oder kommt es für den Arbeitnehmer zu Phasen von Arbeitslosigikeit, muss der Arbeitnehmer den bestehenden Vertrag privat fortführen.
Anderenfalls verfällt die bereits aufgebaute Absicherung, der Arbeitnehmer muss einen neuen Vertrag abschließen mit einem höheren Eintrittsalter.
Das wiederum führt bei gleicher Absicherung zu einem höheren Beitrag.
Ein neuer Vertrag oder eine Wiederinkaftsetzung des alten kann aber auch an einem verschlechterten Gesundheitszustand scheitern.
Ein höherer Beitrag ist also nicht das einzige Risiko. Die private Fortführung setzt zudem voraus, dass vom alten Vertrag die BU-Komponente abgetrennt wird.
Dazu sind wahrscheinlich nicht alle Anbieter bereit, weil sie den Vertrag als Einheit kalkuliert haben.
Vor- und Nachteile im Blick behalten
Die Erfahrung zeigt zudem, dass nicht selten bAV-Verträge reduziert werden oder sich bei Arbeitgeberwechsel Diskussionen mit diesem oder mit der HR-Abteilung ergeben, die dazu führen, dass Verträge nicht selten beitragsfrei gestellt werden.
Dies ist für die BU-Absicherung dann fatal.
Arbeitgeber wiederum könnte von einer BU-Absicherung die Furcht abhalten, dass bei einer negativen Prüfung und Ablehnung sich Unzufriedenheit über den Flurfunk verbreitet und damit das Image der betrieblichen Altersversorgung im Unternehmen insgesamt leidet.
Fazit: Bei der Beratung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern müssen all diese Vor- und Nachteile auf den Tisch, damit sich alle Beteiligte ein Bild machen und die Folgen abschätzen können.
Eines steht ohnehin außer Frage: Bei Einschluss der Berufsunfähigkeit in ein bAV-Paket ergibt sich erhöhter Beratungsbedarf, sowohl beim Abschluss als auch bei einem späteren Wechsel des Arbeitgebers.
Die beiden Gastautorinnen Sandra Pieper (Berlin) und Sandra Müller (Krefeld) sind selbstständige Finanzberaterinnen für die Deutsche Bank. Sie äußern sich regelmäßig zu Entwicklungen in der betrieblichen Altersversorgung und im modernen Mitarbeitermanagement.
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