Tapering-Signal erst im Herbst?

BlackRock Asset Management: Das maximal mögliche Maß an Flexibilität – das war es wohl, was sich Mario Draghi auf der EZB-Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag bewahren wollte. Einstimmig entschied sich der EZB-Rat dafür, keine Anpassungen an der Kommunikationsstrategie der Zentralbank vorzunehmen und somit auch (noch) keinen Hinweis über den möglichen Beginn der Rückführung des Anleiheankaufprogramms zu geben.

 

Geldpolitischer Herbst vorraus?

Man wolle sich im EZB-Rat erst “im Herbst” genauer mit der Zukunft der ultralockeren Geldpolitik beschäftigen. Trotz des erfreulich robusten Wachstums in der Eurozone bedarf es bis auf weiteres eines hohen Maßes an geldpolitischer Stimulierung, so Draghi, um auch die Inflation in Richtung des Zentralbankziels zu hieven.

 

Das vorsichtige Vorgehen der EZB und der Verweis auf den Herbst dieses Jahres, könnte darauf hindeuten, dass wir auch im September noch kein “Tapering“-Signal von Draghi erhalten (strenggenommen liegt der EZB-Termin am 7. September noch im Sommer). Der Sitzungstermin am 26. Oktober ist entsprechend stärker in den Fokus gerückt.

 

Hintergrund der erlebten Vorsicht der EZB könnte sein, dass wir in den vergangenen Wochen eine spürbare Straffung der „Financial Conditions“ also der Finanzierungsbedingungen erlebt haben.

Scharfe Marktreaktionen vermeiden
Soll heißen, der Anstieg der Renditen in der Eurozone sowie die Aufwertung des Euros – die für sich genommen disinflationär wirken –, könnten die Zentralbank dazu bewegt haben, noch weitere Datenpunkte abzuwarten und in punkto Exit nicht zu stark vorzupreschen.

 

Kurzum: Was Draghi und die EZB offenbar um alles in der Welt vermeiden wollen, ist eine adverse Marktreaktion – oder Taper Tantrum auf europäisch – mit stark steigenden Renditen sowie eine weitere starke Aufwertung des Euros.

 

Das Credo der EZB scheint zu lauten: lieber etwas länger warten und das Ankaufprogramm ausreizen solange es geht, als einen geldpolitischen Fehler zu begehen, der Wachstum und Inflation in der Währungsunion gefährdet.

 

Was bedeutet das für die Märkte?
Apropos Euro: die Gemeinschaftswährung ist etwas überraschend trotz der vorsichtigen Vorgehensweise der EZB zuletzt auf den höchsten Stand seit knapp zwei Jahren gegenüber dem US-Dollar gestiegen (zum Euro Dollar Rechner ). Der nominale handelsgewichtete Euro tendiert aktuell sogar auf dem höchsten Stand seit Ende 2014. Das belastet exportstarke Unternehmen in der Eurozone.

 

Dennoch ist ein Nachfrageeinbruch aus dem Ausland aufgrund eines teuren Euros nicht zu erwarten. Schon gar nicht bei uns in Deutschland, denn die Produktpalette der Unternehmen hierzulande ist wenig preissensitiv. Die Qualität steht im Vordergrund. Deutsche Firmen wissen aus D-Mark-Zeiten noch sehr gut, wie sie mit einer harten Währung umzugehen haben.

 

Generell gilt: Deutsche Produkte werden nicht gekauft, weil sie billig sind, sondern weil sie gut sind. Dennoch sorgt ein starker Euro auch bei deutschen Unternehmen, die einen großen Teil ihres Umsatzes außerhalb der Eurozone machen, für Gewinnrückgänge. Insofern verwundert es nicht, dass die Euro-Aufwertung nicht nur Euro-Aktienindizes, sondern auch den DAX belastet hat.

 

Euro in der Hand der EZB

Wie es mit dem Euro weitergeht, hängt vom Zusammenspiel von EZB und Fed ab. Sollte die EZB ihre „Tapering“-Ankündigung Richtung Oktober (oder sogar noch darüber hinaus) verschieben, die US-Notenbank aber zeitnah den Start der Bilanzreduzierung ankündigen und einleiten, könnte der Höhenflug des Euro für kurze Zeit unterbrochen werden (nicht auszuschließen, dass die EZB dies ganz gezielt im Hinterkopf hat).

 

Auch die kontraintuitive Euro-Aufwertung bei gleichzeitigem Renditerückgang von länger laufenden deutschen Staatsanleiherenditen nach der EZB-Sitzung könnte für eine kurzfristige Korrektur der Gemeinschaftswährung sprechen.

USA ist Eurozone weit vorraus
Dass die USA hinsichtlich der Normalisierung der Geldpolitik vier Jahre Vorsprung vor der Eurozone haben, ist am Devisenmarkt hingegen schon längst eingepreist. Die unweigerlich bevorstehende Normalisierung der Geldpolitik hier bei uns dürfte allerdings noch nicht zur Gänze in den Kursen berücksichtigt sein, sodass die Wahrscheinlichkeit aus unserer Sicht relativ hoch ist, dass wir 2018 bei Euro-Dollar dann Richtung 1,20 und höher marschieren könnten.

 

Neben einer an Fahrt gewinnenden Berichtsaison, steht diese Woche die Fed-Sitzung im Fokus, die jedoch ohne Zinsanhebung und ohne große Impulse vorübergehen sollte. Höchstens denkbar, dass diese Woche die Bilanzverkürzung ab September rhetorisch vorsichtig vorbereitet wird.

 

Außerdem werden Anleger auf Frühindikatoren aus der Eurozone schauen: Gestern erschienen bereits die Einkaufsmanagerindizes aus Deutschland und der Eurozone, die trotz einer leichten Eintrübung nach wie vor auf ein Wachstum über dem längerfristigen Trend hindeuten.

 

Das „Inflations-Puzzle“ findet also seine Fortsetzung.

Autor: Felix Herrmann

 

 

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