Aktie im Fokus: RWE Bodenbildung in Arbeit
Ayondo Markets: Langjährige Aktionäre von RWE erinnern sich mit viel Wehmut an den 7. Januar 2008: Damals notierten die Papiere des Essener Konzerns mit 102,20 Euro auf Rekordhoch. Seitdem geht der Blick nach unten, aktuell stehen die Aktien rund 88 Prozent unter ihrer Bestmarke. Unter den 30 DAX-Titeln weisen nur die Anteilsscheine der Commerzbank einen noch höheren Abschlag auf. Doch genau darin lauert auch eine Chance für Anleger, die mit Weitblick agieren.
Zweifellos sind die Herausforderungen bei RWE nach wie vor sehr groß. Den Prognosen zufolge soll im Gesamtjahr der um Sondereffekte bereinigte Überschuss von 1,13 Mrd. auf nur noch 500 bis 700 Mio. Euro fallen. Erst in dieser Woche senkte die Ratingagentur Standard & Poor’s die Bonitätsnote des Versorgers, der Ausblick ist zudem negativ. Begründet wurde die Herabstufung mit der Empfehlung der Atomkommission, nach der RWE 6,5 Mrd. Euro in den neuen Fonds zur Finanzierung des Atomausstiegs zahlen soll.
Bei einer weiteren Anpassung nach unten würde RWE zum Ramsch-Papier. Dies hätte spürbar negative Folgen. Sorgen bereitet in diesem Zusammenhang vor allem der Schuldenberg von 27 Mrd. Euro. Sollte eine weitere Herabstufung erfolgen, würden Geldgeber einen höheren Risikoaufschlag verlangen. Steigende Kosten für neue Kredite wären die Folge. Zudem müsste der Konzern seinen Geschäftspartnern Sicherheiten stellen.
Silberstreif am Horizont
Nur auf den ersten Blick positiv ist der jüngste Anstieg der Strompreise auf den höchsten Stand seit vier Monaten. Die Essener haben ihre Stromproduktion Jahre im Voraus verkauft, der Effekt der bisher tiefen Strompreise dürfte sich in Zukunft also noch verstärken. Bis sich die Erholung in der Bilanz niederschlägt, wird somit noch mehr Zeit vergehen.
Die negativen Perspektiven sind aber seit Monaten bekannt und somit auch bereits im Kurs eingepreist. Sollten im politischen Ringen hinsichtlich der Folgekosten des Atomausstiegs Zugeständnisse erzielt werden und eine erneute Bonitätssenkung ausbleiben, wäre dies für die Aktie sehr positiv. Operativ überzeugten die Zahlen zum ersten Quartal und lagen über den Markterwartungen. Zudem verläuft die strategische Neuausrichtung nach Plan. RWE gliedert sein Zukunftsgeschäft mit Vertrieb, Ökostrom und Netzen in eine neue Tochter aus, die bis Ende des Jahres an die Börse gehen soll. Im Mutterkonzern bleiben die Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke sowie der Energiehandel.
Schwelle beachten
Auch den Dividenden-Schock haben Anleger inzwischen verdaut. Für Stammaktionäre gab es in diesem Jahr keine Ausschüttung, Inhaber von Vorzugsaktien erhielten 13 Cent. Für 2016 könnte der Konzern für Stammaktien wieder 20 Cent überweisen. Charttechnisch zeichnet sich eine mögliche nachhaltige Erholung ab, bereits seit Februar zeigt der Tageschart eine Serie von steigenden Tiefpunkten. Noch aber fehlt das klare Signal für eine abgeschlossene Bodenbildung.
Erst wenn die RWE-Aktie per Tagesschluss über 14,20 Euro noch gekauft wird, bestehen gute Chancen für einen kräftigeren Aufwärtsimpuls. Zielbereich wäre dann die Region um 19/20 Euro. Eine erste Position kann bereits jetzt aufgebaut und aufgestockt werden, wenn die richtungsweisende Marke fällt. Der Stopp sollte je nach Risikogeschmack knapp unter dem Jahrestief bei 9,98 Euro oder dem 2015er-Umkehrpunkt bei etwa 9,09 Euro eingezogen werden.
Autor: Feingold Research
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