Altersvorsorge: Private Vorsorge schlägt den Staat

Quirin Privatbank: Sie träumen von einem finanziell unbeschwerten Lebensabend – für sich selbst, für Ihre Kinder oder für Ihre Enkelkinder?

Dann sollten Sie sich nicht auf die gesetzliche Rente verlassen, sondern die Vorsorge selbst in die Hand nehmen.

Das ist nicht neu, das haben Sie sicher schon unzählige Male gehört und gelesen, und Finanzanalyst Volker Looman hat es in seinem aktuellen FAZ-Artikel „Nie war die Aktienrente so wertvoll wie heute“ mit spannenden Zahlen untermauert.

Looman hat die Leistungen der gesetzlichen Rente mit einer privaten Vorsorge verglichen und zeigt, wie viel besser Rentner finanziell heute und in Zukunft dastehen könnten, wenn der Staat die Rentenbeiträge der Deutschen in Aktien investieren würde.

Da das bislang nicht passiert ist, sein Ratschlag:

“In meinen Augen müssen Sie das Heft selbst in die Hand nehmen, wenn es Ihnen auch im Alter ordentlich gehen soll.”
– Volker Looman, FAZ

 

Reform der staatlichen Förderung privater Altersvorsorge

Ein weiterer Beleg dafür, dass es beim Thema Altersvorsorge keine gute Idee ist, auf den Staat zu setzen, ist die „Fokusgruppe private Altersvorsorge“.

Ziel dieser vom Finanzministerium Ende 2022 ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe ist es, die private Altersvorsorge zu modernisieren und ein konkretes Konzept für die im Koalitionsvertrag angekündigte Reform der staatlichen Förderung privater Altersvorsorge vorzulegen.

Grandios, habe ich im ersten Moment gedacht, denn deren Modernisierung ist seit Jahren überfällig.

Doch meine Freude war von kurzer Dauer, genauer gesagt hielt sie so lange, bis ich einen Blick auf die Mitglieder des Arbeitskreises geworfen habe.

Ich war wirklich geschockt: Ich kann es absolut nicht nachvollziehen, warum an diesem wichtigen Tisch (wieder) nur die üblichen Vertreter der Branche sitzen. Die gesamte Gruppe der Innovationstreiber fehlt, sprich Anbieter einfacher, moderner und vor allem kostengünstiger Anlagemöglichkeiten.

Kein einziges FinTech wurde eingeladen, dabei haben sich einige von ihnen in den letzten zehn Jahren erfolgreich am deutschen Markt etabliert. Die meisten Robo-Advisor und Neobroker machen einen echt guten Job und haben frischen Wind in die Industrie gebracht.

Wo sind sie auf der Teilnehmerliste?

 

 

Riester-Rente kolossal gescheitert

Ich frage mich: Wie soll bitte schön ein bereits seit Jahrzehnten bekanntes Problem gelöst werden, wenn (wieder einmal) nur die üblichen Verdächtigen gehört werden, die dieses Thema vor zwanzig Jahren schon einmal erfolglos zu lösen versuchten – und zwar mit der Riester-Rente.

Bei den meisten Experten gilt diese als kolossal gescheitert (übrigens auch nach meinem Dafürhalten) – zu teuer, zu unrentierlich, viel zu kompliziert.

Das scheint aber niemanden davon abzuhalten, sich wieder im mehr oder weniger unveränderten Setup an den Verhandlungstisch zu setzen.

Dabei brauchen wir dringender denn je eine Lösung, die wirklich bei den Menschen ankommt.

Doch bei diesem Kreis an geladenen Teilnehmern kann nur ein Riester 2.0 rauskommen – eine weitenteils teure Scheinlösung, die sich vor allem für eine Gruppe auszahlt: die Produktanbieter.

 

Besetzung ist kein Zufall

Die Zusammensetzung des Gremiums ist dabei aus meiner Sicht alles andere als Zufall, da steckt die klare Absicht dahinter, dass ein bestimmtes Ergebnis erzielt werden soll – und andere Lösungen schlicht nicht erwünscht sind. Denn eine ergebnisoffene Runde sähe anders aus.

Das Fatale daran: Die Zusammensetzung basiert nicht darauf, was aus Anlegersicht am besten gewesen wäre, sondern nur darauf, wer am lautesten geschrien hat, nämlich die, die seit Jahren die erfolgreichste Lobbyarbeit in Deutschland betreiben (zu Lasten der Anleger) – die provisionsgetriebene Finanzindustrie.

Besonders bitter aus Verbrauchersicht: Die Einladung erfolgte durch das Finanzministerium. Christian Lindner, der sich aktuell an anderer Stelle bspw. für eine Aktienrente starkmacht, schließt ähnlich renditeorientierte und kostengünstige Ansätze für eine modernisierte private Altersvorsorge mit der jetzigen Besetzung der Fokusgruppe im Grunde gezielt aus.

Diese besteht bisher aus Vertreterinnen und Vertretern

  • des Bundesministeriums der Finanzen,
  • des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales,
  • des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz,
  • der Anbieterverbände GDV (Versicherer) und BVI (Fondsindustrie),
  • des Verbraucherschutzes (Stiftung Warentest und vzbv),
  • der Sozialpartner (BDA und DGB),
  • der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) und
  • der Wissenschaft.

Die Deutsche Bundesbank, die BaFin, die Deutsche Rentenversicherung und Vertreter des Bundeskanzleramts dürfen jederzeit als Gäste teilnehmen.

Den Vorsitz hat Dr. Florian Toncar, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Finanzen, inne. Er verkündete stolz:

„Mit der Fokusgruppe bündeln wir große Expertise und unterschiedliche Perspektiven […]“

Doch genau in diesem Punkt, lieber Dr. Toncar, muss ich Ihnen vehement widersprechen.

Sie bündeln eben nicht unterschiedliche Perspektiven und große Expertise, sondern Sie setzen sich von Anbieterseite nur mit der Versicherungsbranche und den Fondsverbänden zusammen, also jenen Produktanbietern, die vor allem durch hohe Vertriebskosten zu Lasten ihrer eigenen Kunden auffallen.

Die gesamte Gruppe der Innovationstreiber in der Finanzbranche bleibt aber außen vor – und damit ein erhebliches Maß an zusätzlicher Expertise.

Wie sollen da neue Ideen und erfolgversprechende Lösungsansätze entstehen?

 

 

Verbraucherschützer als Feigenblatt?

Sicher, immerhin sind die Verbraucherschützer mit an Bord – ich hoffe, nicht nur als Feigenblatt. Meine Hoffnungen, dass sie einen entscheidenden Einfluss zugunsten günstiger Produkte und niedriger Vertriebsprovisionen nehmen, halten sich leider in Grenzen.

Ich fürchte, sie werden sich gegen die geballte Macht der Finanzindustrie nicht durchsetzen können. Sie werden zwar versuchen zu sagen: Bitte entwickeln Sie eine Altersvorsorgelösung ohne hohe Kosten und mit auskömmlichen Renditechancen, die einfach und transparent ist!

Doch wie sollen Versicherer und Fondsanbieter das umsetzen? Und wollen sie das überhaupt?

Damit wird es also wohl auf ein Riester 2.0 rauslaufen – dass das gar nicht so unwahrscheinlich ist, berichtet zumindest die Süddeutsche Zeitung.

 

Bürgerrente mit weniger Garantien und hohen Vertriebskosten

Demnach hat der GDV mit der „Bürgerrente“ ein Konzept vorgelegt, das im Wesentlichen genauso funktioniert wie Riester, aber angabegemäß einfacher sein soll.

Der ganz besondere Clou: Die Versicherer wollen nur noch den Erhalt von 80 Prozent der eingezahlten Beiträge garantieren. Also weiterhin die Möglichkeit haben, für die Garantien „Risikokosten“ in Rechnung zu stellen, die dann aber deutlich weniger Garantien mit sich bringen.

Ein jetzt schon schlechtes Produkt soll also noch schlechter werden, unfassbar.

Clou Nummer 2: Die hohen Vertriebskosten (siehe Riester) sollen unverändert bleiben, da will der GDV nach allem, was zu hören ist, explizit nicht ran.

 

 

Und das, obwohl dieser Tage selbst die BaFin zur Räson ruft. Das tut sie wohl zwar einzig, um ein Provisionsverbot aus Europa noch zu verhindern, aber immerhin.

Ungeachtet dessen soll die „Bürgerrente“ wie weiland Riester über Versicherungsvertreter und Makler mit entsprechend hohen Provisionen vertrieben werden.

Zur Einordnung: Schon jetzt zahlen deutsche Lebensversicherer rund acht Milliarden (!) Euro an ihre Vertriebspartner aus, die letztlich von den Kunden über ihre Beiträge bezahlt werden. Jedes Jahr, wohlgemerkt.

Das heißt, diese Milliarden Euro gehen zu Lasten der Rendite der Vorsorgenden.

An diesem System soll sich trotz der „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ aber offenbar nichts ändern.

 

 

Altersvorsorge lieber selbst in die Hand nehmen

Darum verlassen Sie, liebe Leserinnen und Leser, sich nicht auf mögliche Reformen vom Staat, sondern nehmen Sie die Altersvorsorge lieber selbst in die Hand.

Dass sich die private Vorsorge abseits der vom Staat subventionierten Angebote wie Riester und Co. lohnt, zeigt ebenfalls der eingangs erwähnte Artikel von Volker Looman.

So würde die gesetzliche Rente eines Durchschnittsverdieners, der heute mit 1.620 Euro in Rente geht, mehr als doppelt so hoch ausfallen, wenn die Rentenbeiträge über die Beitragsdauer von 45 Jahren konsequent, kostengünstig und breit gestreut in Aktien investiert worden wären.

Mehr als doppelt so hoch.

 

 

Genau dieses Wachstumspotenzial vernünftig strukturierter Aktienanlagen mithilfe von standardisierten digitalen Lösungen und günstigen Anlageinstrumenten wie ETFs bleibt bei der Diskussion der „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ aber ungenutzt, ja ich habe den Eindruck: Es wurde absichtlich außen vor gelassen. Stattdessen setzt man mit „Riester 2.0“ auf alten Wein in (wenn überhaupt) neuen Schläuchen.

Deshalb lautet meine Bitte hier und heute: Lieber Christian Lindner, bitte sorgen Sie dafür, dass diese Fokusgruppe erweitert wird um wirkliche Innovationstreiber, ansonsten können wir uns alle Mühen mit einer vermeintlichen Modernisierung der privaten Altersvorsorge von vornherein sparen.

 

Autor: Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank und Gründer von quirion

Themen im Artikel

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