Roboter-Vorsprung: Wie China den Westen in der Automatisierung abhängt
Ein Gespenst geht um in den Vorstandsetagen der westlichen Welt — das Gespenst der chinesischen Automatisierung. Führungskräfte, die von Besuchen im Reich der Mitte zurückkehren, berichten nicht mehr nur von pulsierenden Märkten, sondern von einer technologischen Realität, die sie, in ihren eigenen Worten, „verängstigt“ und „demütig“ zurücklässt.
China hat sich durch einen beispiellosen Vorstoß in der Robotik in vielen Schlüsselindustrien eine dominante Position erarbeitet; eine Position, die droht, die globale Wirtschaftsordnung neu zu definieren.
Schockwellen aus dem Reich der Mitte: Augenzeugenberichte
Die Berichte lesen sich wie ein Weckruf. Jim Farley, der Vorstandsvorsitzende von Ford, nannte seine jüngste China-Reise „das Demütigendste, was ich je gesehen habe“.
Er warnte unmissverständlich:
„Ihre Kosten und die Qualität ihrer Fahrzeuge sind dem, was ich im Westen sehe, weit überlegen. Wir befinden uns in einem globalen Wettbewerb mit China, und es geht nicht nur um Elektrofahrzeuge. Und wenn wir diesen verlieren, haben wir bei Ford keine Zukunft mehr.“
Greg Jackson, Chef des britischen Energieversorgers Octopus, spricht von sogenannten „dark factories“ — Fabriken, die so hochautomatisiert sind, dass für den reinen Produktionsprozess keine Beleuchtung mehr nötig ist.
Sein Fazit verweist auf einen fundamentalen Wandel.
Chinas Wettbewerbsfähigkeit speist sich nicht mehr aus niedrigen Löhnen, sondern aus „einer gewaltigen Zahl hochqualifizierter, gebildeter Ingenieure, die wie verrückt innovieren“.
Chinas unaufhaltsamer Aufstieg: 295.000 neue Roboter in nur einem Jahr!
Die subjektiven Eindrücke der Manager werden durch die harten Fakten des World Robotics 2025 Report der International Federation of Robotics (IFR) untermauert. Die Zahlen zeichnen das Bild einer tektonischen Verschiebung in der globalen Industrielandschaft.
China ist nicht nur der größte Markt — es ist eine eigene Liga.
China installierte allein im letzten Jahr fast zehnmal so viele Roboter wie die USA und übertraf Deutschland um mehr als das Zehnfache. Der operative Bestand an Industrierobotern hat die Marke von zwei Millionen überschritten; eine Verzehnfachung in nur einer Dekade.
Besonders bemerkenswert ist, dass chinesische Roboterhersteller 2024 erstmals mehr Einheiten im eigenen Land verkauften als ihre ausländischen Konkurrenten und ihren Marktanteil auf 57% steigerten.
Neuinstallationen von Industrierobotern 2024
Quellen: The Telegraph, International Federation of Robotics (IFR)
Chinas Strategie basiert auf Demografie und geopolitischem Kalkül
Dieser massive Ausbau ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer konzertierten staatlichen Strategie. Im Rahmen des Programms „Made in China 2025“ fördert Peking die Automatisierung mit massiven Subventionen, Steuererleichterungen und einer Politik, die unter dem Schlagwort „jiqi huanren“ bekannt ist — „Menschen durch Maschinen ersetzen“.
Die Motivation ist zweigeteilt.
Einerseits reagiert China auf eine drängende demografische Herausforderung.
Die alternde Bevölkerung und der schrumpfende Pool an Arbeitskräften machen eine Steigerung der Produktivität unerlässlich; Automatisierung ist hier eine präventive Maßnahme, um den Wohlstand zu sichern.
Andererseits verfolgt Peking ein klares geopolitisches Ziel — die Dominanz in den Zukunftsindustrien des 21. Jahrhunderts. Von Elektroautos und Batterien über Solarpaneele bis hin zu Drohnen will China nicht mehr nur die Werkbank der Welt sein, sondern deren Hightech-Schmiede.
Die Kontrolle über diese hochautomatisierten Lieferketten verleiht Peking eine immense wirtschaftliche und politische Macht.
Roboterdichte: China führt mit 567 Einheiten pro 10.000 Mitarbeiter
Quellen: The Telegraph, International Federation of Robotics (IFR)
Die nächste Stufe: 41 Milliarden US-Dollar Markt für humanoide Roboter bis 2032
Während der Westen noch versucht, den Anschluss an die aktuelle Automatisierungswelle zu finden, zündet China bereits die nächste Stufe. Auf der World Robot Conference 2025 in Peking wurde deutlich, dass das Land massiv in die Entwicklung und den Einsatz humanoider Roboter investiert. Diese, oft als „Embodied AI“ (verkörperte KI) bezeichnet, sollen nicht nur in Fabriken zum Einsatz kommen.
Der Markt für humanoide Roboter in China soll von 2,24 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024 auf 41 Milliarden US-Dollar bis 2032 explodieren — eine Verzwanzigfachung in weniger als 10 Jahren.
Diese Roboter werden zunehmend im Gesundheitswesen, in der Bildung und im Dienstleistungssektor eingesetzt. Sie repräsentieren nicht nur eine technologische Evolution, sondern eine strategische Neuausrichtung, die China in eine Position bringen könnte, die vergleichbar ist mit der Dominanz der USA in der Software-Industrie.
Europas Zögern ist gefährlich
Der deutsche Maschinenbauverband VDMA fordert in einem „Aktionsplan Robotik für Europa“ ein entschlosseneres Handeln der Politik, um nicht den Anschluss zu verlieren.
Die größte Gefahr, so argumentiert der Analyst Rian Whitton, liegt nicht im potenziellen Jobverlust durch Automatisierung.
Die Geschichte zeige, dass jene Länder, die nicht automatisieren, am Ende die meisten Arbeitsplätze verlieren.
Die Schlussfolgerung ist unbequem, aber zwingend — wenn der Westen nicht modernisiert, drohen ihm seine eigenen „dark factories“.
Nicht Fabriken, in denen Roboter im Dunkeln arbeiten, sondern Fabriken, in denen die Lichter ausgehen, weil dort überhaupt keine Arbeit mehr stattfindet.
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