Deutsche Konsumfreude 2025: Aufschwung trotz Inflation und Sparzwang
Die privaten Konsumausgaben machen gut 50 % des deutschen Bruttoinlandsproduktes aus. Entsprechend bestimmen die Handlungen der Verbraucher maßgeblich, ob die deutsche Wirtschaftsleistung zuoder abnimmt. In den vergangenen drei Jahren erlebten die Deutschen – wie auch die Bürger vieler anderer Länder – ein ökonomisches Phänomen, das die Konsumentscheidungen stark beeinflusst:
Inflation.
Die Inflation – also die Zunahme des Preisniveaus – minderte die Kaufkraft der Verbraucher und sorgte so dafür, dass die Deutschen weniger konsumieren konnten.
Inzwischen ist die Inflationsrate wieder deutlich von über 8 % auf aktuell 2,3 % zurückgegangen, doch ein spürbarer Anstieg der privaten Konsumausgaben war noch nicht zu beobachten.
Diese Studie erklärt die bisherige Zurückhaltung der Verbraucher und gibt einen Ausblick auf die
Entwicklung des privaten Konsums in diesem Jahr.
Aus Sicht der Verbraucher geht es nicht darum, wie viele Euro sie besitzen, sondern darum, wie viele und welche Güter und Dienstleistungen sie damit erwerben können.
Mit anderen Worten: welchen Lebensstandard sie sich durch ihr Einkommen oder Vermögen finanzieren können.
Wenn die Preise für Waren und Dienstleistungen stark steigen, wie es von 2021 bis 2023 der Fall war, können die Verbraucher mit zunächst unveränderten Löhnen und Ersparnissen nicht mehr so viel konsumieren, wie sie es ursprünglich taten.
Die deutsche Inflationsrate betrug im Herbst 2022 in der Spitze 8,8 %.
Insgesamt betrug der Anstieg seit Januar 2020 etwa 20 %, Nahrungsmittel wurden sogar um 35 % teurer.
Die Kaufkraft der Bürger nahm damit spürbar ab.
Dieser Kaufkraftverlust lässt sich an zwei Beispielen empirisch nachweisen:
1.
Die Nominallöhne legten zwar ab 2020 wieder zu, jedoch sind die realen – also preisbereinigten –Löhne gesunken, d.h. die Beschäftigten konnten sich weniger leisten.
Seit dem Tiefpunkt im Schlussquartal 2022 nehmen die realen Löhne wieder zu, sie liegen aktuell aber noch unter dem Niveau von Ende 2020, obwohl die nominalen Löhne seitdem um mehr als 15 % gestiegen sind.
2.
Die Privatvermögen der deutschen Haushalte (abzüglich Immobilienbesitz) bestehen hauptsächlich aus Anlageklassen mit einem nominalen Nennwert.
Nur rund jeder sechste Deutsche ab 14 Jahren besaß 2024 Aktien, Aktienfonds oder ETFs.
Diese nominalen Vermögen werden größtenteils genauso vom steigenden Preisniveau entwertet wie die Nominallöhne.
Ab dem vierten Quartal 2021 ist ein Rückgang der preisbereinigten Privatvermögen zu erkennen.
Der Chart rechts verdeutlicht, dass in der Zeit der starken Preissteigerungen sogar die nominalen Vermögen abnahmen.
Dies zeigt, dass die Bürger ihren Lebensstandard nicht mehr durch ihre Einkommen halten konnten und deshalb an ihre Ersparnisse gehen mussten.
Bei der Betrachtung der Konsumausgaben fällt auf, dass diese insbesondere während der Corona-Jahre eingebrochen sind.
Beispielsweise gaben die Verbraucher deutlich weniger Geld für Beherbergung und Gaststätten oder Freizeit, Unterhaltung und Kultur aus, was vor allem auf die Schließungen während der Lockdowns zurückzuführen ist.
Dagegen blieben die Ausgaben für Nahrungsmittel und Getränke unverändert.
Nach der Corona-Zeit hat sich das Kaufverhalten normalisiert, der private Verbrauch verharrt aber seitdem etwas unter dem Vorkrisen-Niveau.
Interessant ist, dass die privaten Konsumausgaben in der Zeit der starken Inflation –ab Mitte 2021 – kaum abnahmen, obwohl Waren und Dienstleistungen deutlich teurer wurden.
Offenbar reduzieren die Menschen ihren Konsum bzw. ihren Lebensstandard nur ungern und nehmen dafür in Kauf, auf ihre Ersparnisse zurückzugreifen.
Seit dem zweiten Halbjahr 2022 steigen die Reallöhne wieder und damit auch die Kaufkraft.
Dies hat sich jedoch nicht positiv auf den privaten Konsum ausgewirkt.
Stattdessen stockten die Verbraucher ihre zuvor in Mitleidenschaft gezogenen Ersparnisse auf.
Dies ist nicht nur an der Entwicklung der Privatvermögen (siehe Grafik unten rechts), sondern auch an der Sparquote deutlich zu erkennen.
Abgesehen von der Anomalie während der Lockdowns liegt die Sparquote in Deutschland durchschnittlich bei rund 10 %, mit einer Schwankungsbreite von 9 % bis 11 %.
Zuletzt lag sie allerdings außerhalb dieses Bereichs (11,5 % in Q4 und 11,8 % in Q3) – mit anderen Worten:
es wurde auffällig viel gespart.
Bei der Entwicklung der privaten Vermögen fällt auf, dass der letzte Datenpunkt der Zeitreihe noch deutlich unter dem ursprünglichen Niveau von Ende 2021 liegt.
Jedoch bezieht sich dieser Wert auf das erste Quartal 2024.
Die Entwicklung der Sparquote seitdem suggeriert, dass sich der Aufwärtstrend der realen Privatvermögen in den vergangenen Quartalen fortgesetzt haben dürfte, sodass der Aufholprozess bald abgeschlossen sein sollte.
Wir erwarten, dass sich die Sparneigung normalisiert und entsprechend wieder mehr konsumiert wird, wenn das reale Vermögen der Haushalte sein ursprüngliches Niveau erreicht hat.
Die Zahlen zur Entwicklung des privaten Konsums sowie der Einzelhandelsumsätze 2024 liegen bereits vor.
Die Konsumausgaben fielen im letzten Jahr um magere 0,3 % höher aus und der reale Einzelhandelsumsatz stieg um 1,1 % im Vergleich zum Vorjahr.
Doch gerade die Umsätze zeigten zuletzt eine vielversprechende Dynamik.
Im ersten Halbjahr waren diese noch etwas rückläufig gegenüber dem Vorjahreszeitraum (-0,5 %), doch im zweiten Halbjahr stiegen sie deutlich (+2,6 % gg.
Vj.).Über die letzten Jahre nahm also die Kaufkraft der Konsumenten nach dem Einbruch in Folge der Inflation wieder zu.
Aber erst im vergangenen Halbjahr führte dies zu einer steigenden Anschaffungsneigung und höheren Umsätzen im Einzelhandel.
Diese Dynamik spricht dafür, dass sich die Konsumlaune zuletzt verbessert hat und auch weiterhin verbessern dürfte, sodass der private Verbrauch im laufenden Jahr wieder einen etwas kräftigeren Wachstumsbeitrag leisten sollte.
Etwas Dämpfend dürften jedoch die Arbeitsplatzsorgen in manchen Branchen wirken.
Nichtsdestotrotz erwarten wir für 2025 einen Anstieg der privaten Konsumausgaben von rund 1 %.
Damit würde der private Konsum etwas stärker zunehmen als die Gesamtwirtschaft.
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