Die Kunst des Weglassens: Investmentfehler, die Anleger vermeiden sollten

Quirin Privatbank: Was haben Michelangelo, Ihr Friseur, das Taillieren eines Anzuges und eine Diät gemein?

Richtig – das Wegnehmen oder Weglassen. Michelangelo schuf aus einem Marmorblock durch das Entfernen überschüssigen Materials eine Skulptur.

Beim Friseur geschieht (meist) dasselbe – durch das Schneiden der Haarspitzen entsteht eine neue Frisur.

Der Schneider nimmt beim Taillieren eines Anzuges überschüssigen Stoff weg. Und das Weglassen ist die Grundidee der meisten Diäten.

Das Prinzip des Weglassens oder des Vermeidens wird auch als Via negativa bezeichnet und begegnet uns in vielen Bereichen des Lebens.

Sogar das Leben selbst ist eine Form des Weglassens, es ist eine Art Filter, denn natürliche Auslese heißt letztlich: Was nicht überlebt, pflanzt sich auch nicht fort – Via negativa.

Im Bereich der Geldanlage drehen wir uns – vor allem medial – sehr oft um Fragen wie: Was muss ich tun, um mein Geld erfolgreich zu vermehren, wie lege ich richtig an, wie erreiche ich meine finanziellen Ziele?

Viel seltener stellen wir uns hingegen Fragen wie: Was könnte ich in Sachen Geldanlage und Vermögensaufbau weglassen, womit sollte ich aufhören, was sollte ich nicht tun?

Sprich, wir schauen bei Finanzthemen viel zu selten auf das Vermeiden oder Beenden von Fehlern, auf die Via negativa.

 

Die Via negativa, die Kunst des Weglassens

Die Via negativa ist eine Methode, ein gutes Ergebnis zu erreichen, indem wir schädliche Entscheidungen vermeiden und negative Zustände beenden.

Denn nicht nur durch Hinzufügen (Via positiva) werden Dinge verbessert, sondern auch durch Weglassen.

Oft ist dieses Wegnehmen, Beenden, Vermeiden sogar viel mächtiger als das Hinzufügen von etwas Neuem.

 

Weniger ist (meist) mehr

Ein bekanntes Beispiel ist Apple beziehungsweise Steve Jobs.

Als er in den 90er Jahren zu dem Tech-Unternehmen zurückkehrte, war seine erste Amtshandlung das Entschlacken der unübersichtlichen Produktpalette.

Fortan gab es nur noch vier Produkte: das iBook, das PowerBook, den iMac und den PowerMac.

Die i-Geräte waren für normale Nutzer, die Powergeräte für professionelle Anwender, die Books waren mobile Geräte, die Macs stationäre.

Das war rückblickend der Grundstein für den enormen wirtschaftlichen Erfolg von Apple in den Folgejahren, der bis heute anhält.

Nicht das immer weiter voranschreitende Hinzufügen immer neuer Geräte brachte den Erfolg, sondern die Reduktion aufs Wesentliche.

Denn: Zu viel Auswahl lähmt unsere Entscheidungsprozesse, sie überfordert uns.

Deshalb gilt hier wie anderswo: Mehr ist nicht immer besser.

Oder: Weniger ist (meist) mehr!

 

 

Neben Apple arbeiten auch andere Unternehmen nach genau demselben Prinzip: Aldi, Amazon, Patagonia, Trello, Netflix, um nur einige zu nennen.

Das Prinzip „Weniger ist mehr“ lässt sich aber nicht nur in Unternehmen, sondern in allen Lebensbereichen anwenden, wie die folgenden Fragen zeigen:

Welche Gegenstände machen mir wirklich Freude, was ist nur Ballast?

Welche Apps brauche ich?

Welche ungesunden Lebensmittel kann ich aus meiner Ernährung streichen?

Diese Liste lässt sich beliebig weiterführen.

 

 

Indexfonds basieren auf der Idee des Weglassens

Und auch ein heute weitläufig bekanntes Finanzprodukt basiert auf dem Via-negativa-Prinzip: der Indexfonds.

Denn das, was das passive Investieren in Indexfonds auszeichnet, ist der Verzicht auf aktives Management via Stock Picking und Market Timing.

Da die empirische Finanzmarktforschung immer wieder gezeigt hat, dass sich aus diesem aktiven Management keine Renditevorteile ergeben, setzten einige Absolventen der Universität Chicago 1971 den ersten Indexfonds auf.

Der Fonds war aus der Idee geboren, Unnötiges und Überflüssiges einfach wegzulassen.

 

Darauf können Sie bei der Geldanlage getrost verzichten

Und gerade in finanzieller Hinsicht gibt es wahnsinnig viel, was man getrost weglassen kann.

So sollten Anlegerinnen und Anleger darauf verzichten, in das zu investieren, was zuletzt gut lief (pro­zyklisches Anlegen, Recency Bias), Klumpen- und Konzentrations­risiken durch zu geringe Diversifi­kation einzugehen, hohe Opportu­nitäts­kosten (entgangene Gewinne) verzins­licher Bank­guthaben hinzunehmen, Investment­entscheidungen auf Basis von Prognosen zu treffen, die besten Ein­- und Ausstiegs­zeitpunkte zu suchen, Einzel­wert­risiken einzugehen, die Kosten des Investierens zu unter­schätzen oder die Interessen­konflikte herkömmlicher Banken (Verkauf statt Beratung) zu verkennen.

Und es gibt eine ganze Reihe an Produkten, auf die Anlegerinnen und Anleger verzichten können und sollten.

 

 

Das Weglassen dieser unnötigen Produkte und Strategien, das ist auch Teil unserer Strategie, unseres Geschäftsmodelles, sowohl bei der Quirin Privatbank wie auch bei quirion.

Wir fokussieren und beschränken uns auf das, was gut für unsere Kundinnen und Kunden ist: die uns anvertrauten Gelder mithilfe einer professionellen und günstigen Vermögensverwaltung, so gut es geht und soweit der Markt es zulässt, zu vermehren.

Nicht mehr, nicht weniger.

Wir hatten auch Zeiten, in denen wir diese schlanke Angebotspalette erweitert haben, um dann im Sinne der Via negativa festzustellen, dass das weder für unsere Kundinnen und Kunden gut war noch für uns.

Also haben wir es gelassen und uns auf das Wesentliche fokussiert, auf das, was wir am besten können: Geldanlage – ohne unnötige Kosten, ohne Hokuspokus, ohne Prognosen, ohne Provisionen, die Ihre Rendite schmälern.

 

Fazit

Und ich wünschte, das würden mehr Banken tun. Denn es wird nach wie vor so viel – bitte entschuldigen Sie den flapsigen Ausdruck – Quatsch verkauft.

Den Schaden und das Nachsehen haben Anlegerinnen und Anleger wie Sie.

Ich wünsche mir, dass das aufhört, habe das aber natürlich nicht in der Hand.

Was ich aber sehr wohl in der Hand habe, ist, Aufklärungsarbeit zu leisten – und genau das möchte ich an dieser Stelle tun, nicht nur heute, sondern auf lange Sicht.

Ich möchte die Tatsache, dass immer noch so viel Unfug verkauft wird, den Sie getrost weglassen können, nutzen, und hier in Form einer Serie über diese unsäglichen Praktiken und unrentierlichen Produkte aufklären.

Leider ist das notwendig, denn klassische Banken suggerieren gern, dass die Fülle an Angeboten, die Sie als Kundin oder als Kunde dort vorfinden, zu Ihrem Besten sei.

Dem ist aber nicht so.

Viele Produkte werden vor allem deswegen angeboten, weil sie Provisionserträge für die jeweiligen Häuser generieren, und nicht, weil Sie diese Produkte brauchen.

Deshalb schauen Sie doch auch gerne einmal, was bei Ihnen gegebenenfalls weg kann – und was bleiben darf, weil es Sie und Ihr Geld wirklich weiterbringt.

 

Autor: Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank und Gründer von quirion

Themen im Artikel

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    Die Quirin Privatbank AG wurde 2006 als erste Honorarberaterbank in Deutschland gegründet – mit der Mission, die Menschen in Deutschland zu besseren Anlegern zu machen. Die Bank ist Spezialist für professionelle, individuelle Vermögensverwaltung und einen langfristigen Vermögensaufbau.

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