Anleger sollten Trump im Auge behalten

Es ist nun etwas mehr als ein Jahr her, daß die Amerikaner die bemerkenswerte Entscheidung trafen, Donald Trump zum Präsidenten zu wählen. Dessen Bilanz im vermutlich wichtigsten politischen Amt der freien Welt ist seitdem bestenfalls durchwachsen.

Weder ist es dem Präsidenten gelungen, die Kriminalität einzudämmen, das Land gerechter und sicherer zu machen oder die Drogenabhängigkeit zu bekämpfen. Auch steht bisher weder die Mauer zu Mexiko noch ist Obamacare abgeschafft.

Will Trump also zum einjährigen Jubiläum seiner Amtseinführung nicht vollends als Kaiser ohne Kleider dastehen, muß er nun unbedingt bezüglich seiner vollmundig angekündigten Steuerreform liefern.

Finanzminister Mnuchin sagte letzte Woche, das Reformwerk solle noch vor Weihnachten auf dem Schreibtisch des Präsidenten liegen. Ob allerdings die Reform überhaupt gesamtwirtschaftlich wünschenswert ist, bleibt dahingestellt, denn sie dürfte die Einkommensungleichheit in dem zerrissenen Land noch vertiefen.

Ein weiteres Problem besteht darin, daß die Abschaffung von Obamacare mit einem geschätzten Volumen von rund 350 Mrd. Dollar Einsparungen über 10 Jahre als Gegenfinanzierung ausfällt.

Wenn dann die Unternehmenssteuersätze massiv gesenkt werden, könnte der Trump-Truppe der Mut für beherzte Gegenfinanzierungsmaßnahmen leicht ausgehen, mit der Folge, daß die Steuerreform in ihrer bisherigen Gestalt vermutlich große Löcher in die Staatskasse reißen würde.

Die Rede ist von einem Anstieg des Schuldenstandes zum BIP von heute gut hundert auf mindestens 120% über die nächsten zwei Jahre, und von einem Anstieg des gesamten Schuldenstandes über die nächsten 10 Jahre von bis zu 1,5 Billionen (in Worten: 1.500 Milliarden) Dollar. Mal sehen, ob der Kongress, für den fiskalische Disziplin bisher durchaus eine Rolle gespielt hat, da mitmacht.

Sollte die Steuerreform gelingen und zu Schuldenausweitung in der geschätzten Größenordnung führen, wäre dies ein doppelter Anlaß, einen Teil des ‚Trump trades‘, der nach dem 8. November 2016 mit großem Aplomb eingepreist und dann stückweise abhandengekommen war, doch noch wieder in die Markterwartungen einzubauen.

Bei Aktien würden Steuererleichterungen für US-Unternehmen höhere Bewertungen rechtfertigen, die Zinsen dürften steigen und der Dollar würde vermutlich aufwerten. Viel hängt also am Schicksal des Reformprojekts im US-Kongress in den nächsten Wochen.
Was bedeutet das für Anleger? 
Nicht nur bezüglich Steuerreform ist der bisher durchwachsene Arbeitsnachweis des neuen US-Präsidenten relevant für Anleger. Auch Trumps wüste Wahlkampftiraden gegen China, die nun im wahren Leben durch Wagenladungen von Kreide abgemildert werden (zu beobachten anläßlich Trumps China-Besuch letzte Woche), sind vermutlich sinnbildlich für den außenpolitischen Lernbedarf des Präsidenten. 

Während ihm nämlich langsam dämmert, daß ohne China wenig geht (Stichwort Nordkorea), hat sein chinesisches Pendent Xi Xingping längst die offensichtliche US-Schwäche in der Außenpolitik ausgenutzt und sein Land in Position gebracht, die globale Führungsmacht des 21. Jahrhunderts zu werden. 

Ob Ausrichtung der Industrie auf Zukunftstechnologien, Positionierung in rohstoffreichen Schwellenländern Südamerikas und Afrikas oder Sicherung der Vorherrschaft im pazifischen Raum – in allen diesen Feldern hat China einen Plan, im Gegensatz zu Trump. 

Der überstürzte Rückzug der USA aus dem Transpazifischen Freihandelsabkommen TPP dürfte sich zudem noch rächen, denn nun treibt China mit den ASEAN-Staaten und sechs weiteren Anrainern die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) voran.

Im Gegensatz zum TPP sitzen die USA hier nicht mit am Tisch und überlassen China damit kampflos die Rolle des Platzhirsches am Pazifik.

Auch im Mittleren Osten hat Trump durch seine kritiklose Unterstützung der saudischen Machthaber eine gewagte – manche sagen gefährliche – Strategie gewählt. Denn er forciert damit die Konfrontation mit dem Iran, gegen den Saudi-Arabien im verarmten Jemen einen desaströsen Stellvertreterkrieg austrägt. 

Gut möglich, daß eine weitere Eskalation den Ölpreis, der in der vorvergangenen Woche erstmals seit anderthalb Jahren aus dem Preisband von 40-60 Dollar ausgebrochen ist, noch weitertreibt. 

Anleger sollten dies im Auge behalten, denn ein steigender Ölpreis wäre ein eher unerwünschter Kostenschock und damit wohl weiter steigenden Aktienpreisen eher abträglich.

Dr. Martin Lück, Chief Investment Strategist für Deutschland, Österreich und Osteuropa

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