Inflation, Zinsen, Rezession: Worauf müssen sich Anleger einstellen?

Lazard: Anleger werden sich längerfristig mit höheren Inflations- und Zinsniveaus anfreunden müssen.

Dieser Ansicht sind Professor Dr. Jürgen Stark, langjähriges Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) und früherer Chefvolkswirt der EZB, und Werner Krämer, Senior Economist bei Lazard Asset Management.

Der Übergang zum neuen Zinsregime sei zudem mit deutlichen Korrekturen an den Märkten verbunden.

Was bedeutet das für die Kapitalanlage?

 

Inflation – gekommen um zu bleiben?

Aus Sicht Werner Krämers dürfte sich die Inflation nicht wieder auf die Niveaus der Vergangenheit zurückführen lassen. Dafür habe sich das Umfeld zu stark verändert. „Die neoliberale Wirtschaftspolitik von 1981 bis 2021 hat der Wirtschaft in Europa und den USA starken Rückenwind gegeben“, sagt Krämer.

Die Globalisierung habe die Preise eingedämmt; der Staat habe sich weitgehend aus dem Wirtschaftsgeschehen zurückgezogen, zahlreiche Privatisierungen hätten zum Wettbewerb im Markt beigetragen. Die geburtenreichen Jahrgänge hätten die Preise gedrückt und am Arbeitsmarkt die Löhne, weil ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung standen.

Und schließlich habe man Naturkosten wie CO2-Emissionen, Wasserverbrauch oder Auswirkungen auf die Biodiversität einfach ignoriert.

Heute sei die Situation eine andere: „Die genannten Faktoren, die die letzten 40 Jahre geprägt haben, gibt es so nicht mehr: Die Globalisierung hat sich verändert; der Staat ist zurück; die Geburtenjahrgänge werden kleiner, was den Arbeitsmarkt unter Druck setzt, und Naturkosten müssen zunehmend eingepreist werden“, sagt Krämer.

Das sorge für Inflationsdruck und dieser müsse mit höheren Zinsen bekämpft werden. Anleger sollten sich deshalb neben anhaltend höheren Inflationsraten auch auf höhere Zinsen für längere Zeit einstellen.

 

Korrekturen an den Märkten

Für das zweite Halbjahr erwartet Krämer eine Rezession, sowohl in den USA als auch in Europa. Darauf weisen aus seiner Sicht Indikatoren wie inverse Zinsstrukturkurven, fallende PMIs, fallende Rohstoffpreise und rückläufige Auftragseingänge hin.

„Aber diese Rezession dürfte nicht das Ausmaß der 1970er Jahre annehmen“, so Krämer. „Rezession bedeutet in erster Linie, dass wir eine gewisse Bereinigung erleben werden.“

In der Nullzinsphase hätten sich Assetpreisblasen gebildet, die nun angesichts gestiegener Zinsen korrigiert würden. Bei Anleihen und Aktien habe es bereits Korrekturen gegeben. Im Private Debt-Bereich sei dies hingegen noch kaum erfolgt. Dort geschehe die Korrektur zeitversetzt, weil sich die Preise langsam an die Realität anpassen würden.

Im Immobilienbereich erwartet Krämer eine Korrektur um 10 bis 15 Prozent.

Bei den Staatsanleihen gibt Stark zu bedenken, dass einige hoch verschuldete Staaten aufgrund der gestiegenen Zinsen gezwungen sein dürften, über eine Schuldenrestrukturierung nachzudenken. Das betreffe zunächst die Schwellenländer, aber auch einige Staaten Europas.

Auch die Situation der Banken ist aus Sicht Starks aktuell schwierig. Nicht nur, dass das Kreditgeschäft eingebrochen sei, auch die Kredite der Vergangenheit seien vor dem Hintergrund der gestiegenen Zinsen heute anders zu bewerten als zum Zeitpunkt der Vergabe.

„Was vor vier oder fünf Jahren als sinnvolle Investition bewertet wurde, würde man heute nicht mehr so einschätzen“, sagt Stark. Bereits vor der Pandemie habe es eine zunehmende Zahl von Unternehmen gegeben, die nur am Leben erhalten worden seien, weil sie unter günstigsten Bedingungen noch einmal Kredite erhalten hätten.

Hier sieht der Experte nun Probleme auf die Banken in allen westlichen Volkwirtschaften zukommen.

„Wahrscheinlich werden wir ein wachsendes Volumen an faulen Krediten sehen, Kredite, die an Unternehmen vergeben wurden, die eigentlich vom Markt hätten verschwinden müssen“, so der Experte.

 

Zentralbanken tragen Teilschuld

Aus Sicht Starks tragen die Zentralbanken zumindest eine Teilschuld an der aktuellen Situation. Sie hätten in ihrer Forward Guidance die Märkte glauben lassen, dass die Zinsen bis in das Jahr 2024 auf dem Niveau von 2021 bleiben oder vielleicht sogar noch sinken würden. Darauf hätten sich Investoren und Banken verlassen.

„Die Zentralbanken haben ein falsches Signal in die Märkte gegeben und sie damit ermutigt, mehr Risiken einzugehen“, sagt Stark. Die Zentralbanken hätten damit Vertrauen verspielt.

Nun werde es lange dauern, bis sich die Märkte wieder an die Normalität höherer Zinsen gewöhnt hätten.

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