Konjunktur: Unterschiedliche Muster

Helaba: Die Frage, ob die Inflation auf stabilitätskonforme Niveaus zurückkehren wird, ohne dass die Notenbanken einen konjunkturellen Einbruch herbeiführen müssen, bleibt am Sommeranfang unbeantwortet.

Der geldpolitische Straffungsprozess geht jedenfalls weiter, trotz einiger positiver Zeichen von der Gesamtteuerung.

Datenrevisionen bei den Wachstumszahlen von überdurchschnittlichem Ausmaß erschweren vielerorts die Lagebestimmung.

Das Bild ist zudem ziemlich heterogen: Während aus Europa und insbesondere Deutschland zuletzt eher negative Nachrichten kamen, widersprach in den USA der Arbeitsmarktbericht zum Mai der postulierten Abkühlung.

 

USA: Widerstandsfähige Konjunktur

In den USA zeigt sich die Konjunktur der rekordverdächtigen geldpolitischen Straffung gegenüber nach wie vor überraschend widerstandsfähig. Auch im zweiten Quartal expandierte die Wirtschaft offenbar moderat.

Wir rechnen weiter mit einer milden Rezession, aber weil diese nun später ins Jahr fällt, verschieben sich die Jahreswerte beim BIP-Wachstum: 1,3% für 2023 (bisher: 1%) und 1% für 2024 (bisher: 1,3%).

Die Daten aus China enttäuschen hingegen. Die Erholung von der Pandemiewelle Anfang des Jahres wird wohl weniger ins zweite Quartal hinein tragen als zunächst angenommen.

Wir reduzieren daher unsere Wachstumsprognose für 2023 von 6,2% auf 5,8%.

 

 

Deutschland: Schwache Konjunktur

Die jüngsten deutschen Konjunkturindikatoren der Industrie sind schlecht ausgefallen: Stark zurückgegangen sind die Auftragseingänge. Die Produktion verläuft aufgrund weiterhin hoher Auftragsbestände bislang seitwärts.

Das ifo Geschäftsklima war nach sechs Anstiegen in Folge im Mai erstmals rückläufig und die Vorzeichen für das zweite Quartal sind nicht besonders gut. Zunehmend zeigen sich die negativen Konsequenzen der restriktiveren Geldpolitik im Bau, beispielsweise bei den drastisch gesunkenen Bestellungen.

Wir erwarten deswegen für das zweite Quartal nur ein geringes Wirtschaftswachstum, obwohl mit einer Gegenbewegung beim öffentlichen Konsum gerechnet werden kann. Auch aufgrund von Sonderfaktoren war dieser im ersten Vierteljahr um fast 5% eingebrochen.

Im zweiten Halbjahr dürfte sich die deutsche Konjunktur aber bei niedrigeren Inflationsraten beleben. Die Verlaufsraten dürften dann mit 0,5% sogar höher ausfallen als bislang veranschlagt. Trotzdem bedeutet dies für die Jahresrate 2023 eine Absenkung unserer Prognose um 0,4 Prozentpunkte auf kalenderbereinigt -0,1%.

Das höhere Ausgangsniveau zu Beginn des nächsten Jahres führt bei unveränderter Dynamik für 2024 zu einem Plus von 1,5% (bisher: 1,3%).

 

Private Konsumausgaben

Die privaten Konsumausgaben sind im ersten Quartal 2023 zum zweiten Mal in Folge deutlich gesunken. Zwar wird sich der Verbrauch mit rückläufigen Inflationsraten im zweiten Halbjahr erholen.

Positive Impulse gehen auch von der steigenden Beschäftigung und deutlich höheren Tarifabschlüssen aus. Trotzdem dürften die Haushalte 2023 real schätzungsweise 1% weniger ausgeben. Die verfügbaren Einkommen werden in nominaler Rechnung voraussichtlich schwächer zulegen als die Inflation mit 6%.

Die Sparquote hat das Vorkrisenniveau wieder erreicht und dürfte 2023 nur leicht auf knapp 11% sinken.

 

 

Ausrüstungsinvestitionen und Exporte

Die Ausrüstungsinvestitionen sind im ersten Vierteljahr 2023 mit 3,2% gegenüber Vorquartal deutlich gestiegen. Damit ist das Ausgangsniveau für dieses Jahr hoch. Die wirtschaftliche Unsicherheit bei gleichzeitig gestiegenen Kapitalmarktzinsen werden sich zwar dämpfend auswirken.

Die Auftragseingänge für inländische Kapitalgüter waren zuletzt rückläufig. Trotzdem dürften die Investitionen in Maschinen, Anlagen und Fahrzeuge 2023 mit rund 3% fast so stark zulegen wie im Jahr zuvor.

Die Bauinvestitionen hingegen waren bereits 2022 um 1,8% gesunken und dürften 2023 mit etwa 3% noch stärker schrumpfen. Gestiegene Kosten und vor allem höhere Zinsen belasten die Kalkulationen.

Sowohl die Wohnungsbaugenehmigungen als auch die realen Auftragseingänge in der Bauwirtschaft sind deutlich rückläufig und es kommt zu Stornierungen.

Dagegen sollten sich die Exporte 2023 allmählich erholen. Bereits im ersten Quartal sind sie leicht gestiegen, während die Importe real zurückgingen. Impulse gehen u.a. von der Eurozone und China aus.

Der Wachstumsbeitrag des Außenhandels war im vergangenen Jahr negativ. Hier ist nun mit einer Verbesserung zu rechnen.

 

Inflation in der Eurozone und USA

Durch die Prognosesenkung für Deutschland ändern sich auch die Wachstumswerte für die Eurozone. Wir erwarten für dieses Jahr nun 0,7% (1,0%) und erhöhen für nächstes Jahr marginal auf 1,5% (1,4%). Die großen Nachbarländer Deutschlands sind aktuell dynamischer. Italien und Spanien profitieren weiterhin von den umfangreichen europäischen Transfers.

Die Inflationsrate sank im Mai sowohl in Deutschland als auch in der Eurozone auf 6,1%. Die Inflationsentwicklung war in einigen Ländern der Eurozone zuletzt günstiger als erwartet. Dies gilt neben den baltischen Staaten vor allem für Spanien, wo im Mai eine Rate von nur 2,9% erreicht wurde. Auch in den nächsten Monaten dürften die Preissteigerungen europaweit zurückgehen.

Haushaltsenergie blieb bis in den Spätsommer 2022 hinein sehr teuer. Entsprechend niedrig sind hier die Vorjahresveränderungen. Hinzu kommt nun eine Trendwende bei Nahrungsmitteln.

Bei einzelnen Dienstleistungen hingegen sind weiter hohe Preiserhöhungen auch aufgrund zunehmend überwälzter Lohnkosten an der Tagesordnung.

Die Kernraten dürften deswegen weniger dynamisch zurückkommen. Wir passen unsere Inflationsprognose für die Eurozone für 2023 an und erwarten nun 5,7% (bisher: 6,3%) und für das kommende Jahr 3,3% (3,5%).

 

 

In den USA sorgen die Energiepreise zwar auch für eine Entlastung bei der Gesamtteuerung – die Vorjahresrate des Verbraucherpreisindex ging im Mai auf 4% zurück. Im zweiten Halbjahr wird sich dieser Effekt aber voraussichtlich umkehren und die Energiekomponente die Gesamtrate wieder anschieben.

Die Kernrate zeigt sich zudem weiter unerwartet störrisch. Sie fiel im Mai gegenüber Vorjahr zwar auf 5,3%. Die kurzfristige Dynamik verharrt seit Monaten allerdings bei rund 0,4% pro Monat – eine Abschwächung ist seit Sommer 2022 quasi nicht mehr zu erkennen.

Wegen der höheren Kernteuerung passen wir unsere Prognosen nach oben an: 4,3% statt 4% für 2023 und 3% statt 2,8% für 2024.

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